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Vom Wuschelkopf-Wunderkind zum Kryptopleitier


Es ist noch nicht lange her, da galt Sam Bankman-Fried als Wunderkind der Branche. Viele hielten „SBF“, wie er auch genannt wird, für einen genialen Kopf. Auch medial wurde er nach einer Blitzkarriere hochgejubelt und sogar als „nächster Warren Buffet“ gehandelt. Seine ersten Millionen machte Bankman-Fried als Krypto-Trader, bevor er im Jahr 2019 FTX gründete – eine Kryptobörse, die in nur drei Jahren zu einer der größten in den USA aufsteigen sollte.

In Rekordzeit in die Pleite

Zu Boom-Zeiten warben Stars wie Tom Brady für FTX und Bankman-Fried stellte sich selber als Saubermann der Branche dar: FTX zeichne sich vor allem durch die hohe Regulierung aus. Das US-Magazin „Forbes“ adelte ihn als einen der „30 unter 30“, weil er sein auf elf Milliarden US-Dollar geschätztes Vermögen in Rekordzeit aufgebaut hatte.

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Doch noch schneller als der Erfolg kam der Absturz von FTX: Nach Gerüchten um Unregelmäßigkeiten schlitterte die Kryptobörse im November 2022 in nur wenigen Wochen in die Krise. Einige Tage wurde noch über eine Übernahme durch Konkurrentin Binance spekuliert, doch als auch der Deal scheiterte, musste FTX schließlich Insolvenz anmelden.

Die Pleite stürzte auch andere Kryptofirmen in die Krise. So musste etwa der Krypto-Lending-Dienst Genesis kurze Zeit später ebenfalls Insolvenz anmelden. Einen Teil seiner Fonds hatte der Dienst bei FTX gehalten.

Ab dem 3. Oktober startet nun unter dem Aktenzeichen 1:22-cr-00673-LAK der Prozess gegen SBF, in dem geklärt werden soll, ob der Gründer von FTX wissentlich an dem „Betrug gigantischen Ausmaßes“ beteiligt war, wie die Staatsanwaltschaft behauptet. Der auf sechs Wochen angesetzte Prozess wird von Bezirksrichter Lewis Kaplan geleitet.

Was sind die Vorwürfe gegen Sam Bankman-Fried?

Die Staatsanwaltschaft hat eine lange Liste von Vorwürfen gegen Sam Bankman-Fried zusammengetragen, insgesamt 13 Anklagepunkte. So wird dem Gründer und CEO von FTX unter anderem Internetbetrug, gemeinschaftlicher Wertpapierbetrug, Betrug an Schuldnern sowie gemeinschaftliche Geldwäsche vorgeworfen.

SBF soll die finanziellen Gesundheit von FTX in veröffentlichten Bilanzen und Angaben zu Kundengelder geschönt und so Anleger:innen getäuscht haben. Hinzu kommt der Verdacht, dass bei der Kryptobörse dubiose Transaktionen und Kund:innen nicht ausreichend überprüft wurden.

Zudem soll Bankman-Fried sich bei den Kundengeldern bedient haben: Gelder in Höhe von über acht Milliarden Dollar sollen veruntreut und für andere Zwecke verwendet worden sein. So soll der Kryptoguru unter anderem Wahlkampfspenden mit gestohlenen Kundengeldern finanziert haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, immer mal wieder seine eigene Interessen mit denen von FTX vermischt zu haben, insbesondere über die Tochterfirma Alameda, die sich bei der Kryptobörse offenbar unbegrenzt Gelder „ausleihen“ konnte.

Als sich die Krise bei FTX zuspitzte, soll Bankman-Fried Verluste von Alameda mit Kundengeldern ausgeglichen haben. Der Fonds hatte unter anderem riskante Kryptowetten abgeschlossen und war durch das schwierige Marktumfeld bei Kryptowährungen unter Druck geraten.

Bankman-Fried hat sich im Vorfeld des Prozesses „nicht schuldig“ bekannt, allerdings räumte er persönliche Versäumnisse und Mängel im Risikomanagement von FTX ein. Aufgrund einer „Macke“ bei den Kontrollsystemen habe er nicht erfahren, dass sich sein Hedgefonds Alameda bei FTX im großen Stil Geld ausgeliehen habe. Die Verantwortung für das Risikomanagement sieht er bei seiner ehemaligen Lebensgefährten Caroline Ellison, die den Hedgefonds Alameda leitete.

Weggefährten werden zu Belastungszeugen

Zu Beginn der Ermittlungen gegen ihn wurde Sam Bankman-Fried noch in den Hausarrest entlassen. Schon im Vorfeld machte der Prozess aber Schlagzeilen, weil SBF aus dem Hausarrest heraus versucht haben soll, Zeugen zu manipulieren. Daher ordnete der Richter an, dass er nun im Gefängnis auf den Beginn des Prozesses warten muss.

Außerdem tauchten immer neue Vorwürfe gegen die ehemaligen FTX-Manager und teils absurde Details aus dem Innenleben der Kryptobörse auf. So gab es im FTX-Imperium mit seinen über 100 Tochterfirmen wohl keine ordentliche Buchführung. Insolvenzverwalter John Ray fand dort ein Datenchaos und gravierende Mängel im Risikomanagement vor.

Im Prozess gegen „SBF“ sollen ehemalige FTX-Kund:innen, -Investor:innen und -Mitarbeiter:innen gehört werden, darunter auch drei seiner ehemalige Vertrauten und Wertgefährten, die nun gegen ihn aussagen.

Gary Wang war Mitgründer und Technologie-Chef von FTX. Ihm werden ähnliche Vergehen wie Bankman-Fried vorgeworfen. Wang kooperiert allerdings mit der Staatsanwaltschaft und hat sich auch schon in einigen Anklagepunkten für schuldig bekannt, unter anderem des Betrugs. Er wird im Prozess gegen seinen ehemaligen Mitgründer aussagen.

Nishad Singh leitete die technologische Entwicklung bei FTX. Er steht im Verdacht, von unlauteren Praktiken und dem sehr problematische Finanzgebarung von FTX gewusst zu haben. Singh hat sich bereits in einer Anhörung der dem Bundesgericht in einigen Anklagepunkten schuldig bekannt, darunter auch der Verschwörung zum Wertpapier- und Warenbetrug. Er räumte ein, auf Anweisung von Bankman-Fried die Finanzdaten von FTX gefälscht zu haben, um das Unternehmen für Investor:innen attraktiver zu machen.

Caroline Ellison war die CEO von Alameda Research, dem Schwesterunternehmen von FTX. Sie ist auch die Ex-Freundin von Bankman-Fried. Im Konzerngeflecht zwischen FTX und Alameda spielte sie eine wichtige Rolle. Auch sie kooperiert uneingeschränkt mit der Staatsanwaltschaft und hat sich bereits in sieben Anklagepunkten unter anderem des Betrugs und der Verschwörung zur Geldwäsche für schuldig bekannt. Sie wird eine wichtige Zeugin gegen ihren Bankman-Fried sein.

Vor dem Bundeskonkursgericht hat das neuen FTX-Management Bankman-Fried, Ellison, Singh und Wang vorgeworfen, sie hätten zwischen 2020 und 2022 mehr als eine Milliarde Dollar veruntreut, unter anderem, um Luxusimmobilien zu kaufen und hohe Kredite und Boni zu gewähren. Bis zu seiner Verhaftung soll Bankman-Fried auf den Bahamas, wo sich das FTX-Hauptquartier befand, in einem 30-Millionen-Euro-teueren Penthouse gewohnt und eher einen verschwenderischen Lebensstil gepflegt haben.

Welche Strafe droht Sam Bankman-Fried?

Sollte er in den gegen ihn erhobenen Vorwürfen für schuldig befunden werden, drohen Sam Bankman-Fried bis zu 115 Jahren Haft. Zusätzlich könnten sehr hohe Geldstrafen und die Pflicht zur Rückzahlung veruntreuter Gelder auf ihn zukommen.

Geschädigte Kund:innen und Investor:innen werden den Prozess zudem aufmerksam verfolgen, denn auch sie wollen Sam Bankman-Fried und FTX zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagen.  Sein verbliebenes Privatvermögen könnte also im Zuge von Anklagen und Strafen weitgehend verloren gehen.

„Nebenkriegsschauplätze“ im Prozess

In den USA ist die FTX-Pleite auch ein hochpolitisches Thema, denn „SBF“ gehörte zu seinen Glanzzeiten im Wahlkampfjahr 2022 zu den zehn Top-Spendern der Demokratischen Partei. Seine Mutter Barbara Fried soll bei der Organisation eines Spendernetzwerks eine wesentliche Rolle gespielt haben, über das nach Berechnungen von CNBC rund 40 Millionen Dollar von FTX teilweise verdeckt an die Demokraten geflossen sein sollen. Nach eigenen Aussagen hat Sam Bankman- Fried aber auch an die Republikaner eine zweistellige Millionensummen gespendet, um strengere Regeln für Kryptofirmen zu verhindern.

Wegen ihrer Rolle im Firmengeflecht von FTX werden sowohl die Mutter als auch Vater Joseph Bankman – beide Stanford-Professor:innen – mittlerweile von FTX-Anwält:innen verklagt. Insolvenzverwalter John Ray wirft ihnen vor, sich an FTX bereichert zu haben.

Auch Investor:innen und Kund:innen haben bereits Ansprüche gegen FTX und Bankman-Fried geltend gemacht oder planen noch, das zu tun. Die Kryptobörse schuldet ihren Gläubigern rund acht Milliarden Dollar, außerhalb der USA hoffen knapp 2,4 Millionen Kund:innen noch auf Entschädigung. Die Aussichten dafür sind allerdings nicht gut. Insgesamt waren rund 134 angeschlossene Unternehmen Teil des FTX-Insolvenzantrags. Laut CB Insights könnten daher mehr als eine Million Gläubiger betroffen sein.

Welche Auswirkung hatte die FTX-Pleite auf die Kryptobranche?

Weltweit schauen Regierungen nach der spektakulären FTX-Pleite heute genauer auf das Thema Kryptoregulierung. Vor allem in den USA geht die Börsenaufsicht SEC regressiv gegen Kryptobörsen vor. Gegen die beiden Marktführer Binance und Coinbase hat sie in diesem Jahr Anklage erhoben. Beide bieten aus Sicht der SEC Wertpapiere an – und müssten daher auch die für solche Geschäfte gültigen Regeln einhalten. Dabei geht es unter anderem um Kryptowährungen wie Solana oder den Cardano-Coin Ada.

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Author: Kelly Lyons

Last Updated: 1700083082

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